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Thomas D im Talk zu „Captain Fantastic“

Abfeiern mit dem neuen Album

Die neuen Stücke der Fantastischen Vier wurden produziert, um sie live mit auf Tour zu nehmen. Mit „Tunnel“ ist das bisher erste AR-Musikvideo der Welt entstanden.

Interview mit Thomas D anlässlich Album-Release „Captain Fantastic“.
Foto: Robert Grischek

Der 27. April 2018 ist das Release-Datum des neuen Fanta 4-Albums „Captain Fantastic“. Wir haben Thomas D zum ausführlichen Interview gebeten.

Wofür steht euer „Captain Fantastic“?

„Captain Fantastic“ ist der Geist, der Spirit, die Macht und das Geheimnis der Fantastischen Vier. Was hält diese vier Herren schon so lange am Leben, am Machen, am Arbeiten? Was ist das Geheimnis der Freundschaft oder des Erfolgs nach fast 30 Jahren? Wir haben das jetzt betitelt und einen heroischen Superhelden-Namen vergeben.

Das ist etwas, was mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Etwas, das sehr schwer zu beschreiben ist. Vielleicht hört man es auf der Platte. „Captain Fantastic“ ist mehr ein Gefühl als eine Person.

Zwischen Spaß, Politik und Verweisen auf die eigene Vergangenheit: Welche Themen waren euch bei diesem Album besonders wichtig?

Auf dem Album findet sich vielleicht mehr denn je eine aktuellere Gesellschaftskomponente, fast schon eine politische Aussage. Z. B. in „Endzeitstimmung“ oder „Affen Mit Waffen“. Vielleicht ist mehr Zeitbezug da als auf anderen Alben. Wichtig war, diese Platte zu machen, die nach vorne geht, die live gespielt werden kann. Eine Platte, die „Abgehstücke“ hat, die nicht nach 50-Jährigen klingt, die jetzt halt auf Jazz machen oder auf schwarze Nadelstreif-Anzüge. Sondern die nach wie vor auf der Bühne rocken wollen ... und können.

Wie man an den Leuten sieht, feiern die das genauso wie wir. Dementsprechend wollten wir viele Stücke machen, die wir live mit auf die neue Tour nehmen können.

Sollte relevante Musik anno 2018 eine politische Botschaft haben?

Die Frage ist: „Was ist relevante Musik?“ Wenn sie politisch ist, einen aktuellen Bezug hat, wenn sie ein Lebensgefühl auf den Punkt bringt? Schlimm ist, finde ich, wenn du Musik hörst, die den Zeigefinger so erhebt, dass du dich schlecht fühlst dabei. Meiner Meinung nach sollte Musik dazu führen, sich besser und stärker zu fühlen. Musik soll dich in Dingen bestärken, die dir wichtig sind, die dein Herz dir sagt, die dich zu dir bringen. Sie soll einen gewissen zeitlichen Bezug haben. Das ist aber auch das Problem bei Musik, dass die Zeit schnell voranschreitet. Vielleicht haben wir schon in ein paar Monaten das Gefühl: „Wovon reden die da?“ Deshalb will der Künstler lieber zeitlose Themen machen. Manchmal kann man aber auch nicht anders, weil‘s einen so bewegt wie die Flüchtlingskrise oder der Populismus. Dann muss man einen Song wie „Endzeitstimmung“ schreiben, weil es genau das ist, was man gerade empfindet. Und dann pfeift man auf eine endlose Halbwertszeit eines Songs und sagt: „Nix, das ist jetzt wahr und wichtig.“ Und wenn es morgen unwichtig ist und alle sagen würden: „Von welcher Flüchtlingskrise redet der da oder was meint der mit diesen populistischen Vollidioten?“, dann nichts lieber als das.

Thomas D im Interview: „Wir sind halt keine Sänger.“
Foto: Robert Grischek

Auf dem neuen Album sind auch bekannte Gastmusiker wie Clueso mit von der Partie. Wie kam es dazu?

Wir haben dieses Album – und das begrüße ich sehr – auch anderen Sängern, Mittextern oder Menschen, die dann mal einen Refrain singen, geöffnet. Wenn du nicht immer nur die gleichen Stimmen hast, bereichert das einen Song. Wenn wir ein Stück wie „Troy“ oder „Tunnel“ singen, wo wir selbst den Refrain singen und es funktioniert, dann ist das toll. Bei einem Stück wie „Zusammen“ haben wir es versucht, mussten aber sehr schnell feststellen: „Wir sind eben keine Sänger.“ Und das Tolle bei Clueso ist, das passt wie die Faust aufs Auge. Er ist einfach ein geiler Sänger. Wobei: Die Faust hat im Auge nichts zu suchen. Sagen wir lieber, es passt einfach unglaublich gut, weil Clueso damals, als wir unser Label „Four Music“ (wurde 1996 gegründet, Anm.) noch hatten, nach Freundeskreis der zweite oder dritte Künstler gewesen ist, den wir dort designt haben. Wir sind schon sehr lange befreundet.

Für „Tunnel“ habt ihr eine eigene AR-App veröffentlicht. Wie seht ihr denn das Potential von Augmented Reality?

Wir hatten auch schon eine Live-Übertragung in 100 Kinos gleichzeitig in 3D. Da waren wir auch die ersten. Es ist natürlich toll, wenn wir uns Rekorde an die Fahne hängen können – wie das erste AR-interaktive Musikvideo der Welt. Aber allein kann man sowas nicht machen. Man muss ein Team von Leuten mit Ideen haben, die einen Inhalt suchen. In dem Fall headraft aus Hamburg (), die die Technik haben, sie bedienen können und dann auf die Fantas zukommen und sagen: „Hey, ihr seid doch eine innovative Band.“

Lars Timmermann hat die mit an den Tisch gebracht, wir fanden die Idee super. Wir haben dann noch die Eastereggs diskutiert. Das sind diese kleinen Überraschungen, auf die man drückt, für die man Badges erhält. Wenn man dann alle Abzeichen hat, bekommt man einen Remix von uns. Das sind Sachen, die wir beigesteuert haben, wo man sich kreativ austauscht. Aber das Glück lag auf unserer Seite, dass die Herren die Fähigkeit haben, sowas zu programmieren.

Wie sehr nutzt ihr persönlich neue Technologien?

Sehr, sehr gerne. Wir finden das eine faszinierende Welt. Wir sind voll „connected“ über unsere Telefone. Wir schreiben uns sehr viel, führen Telefonkonferenzen in fiktiven Räumen. Es läuft sehr viel über soziale Medien. Unsere Plattenfirma stand vor dieser neuen Kampagne vor uns und hat uns eigentlich erklärt, dass wir die ganze Arbeit selbst machen müssen in Zukunft. Weil du über einen Post, über ein Video, über einen Kommentar oder über ein schönes Bild teilweise mehr Leute erreichst, als wenn du eine groß angelegte Plakatkampagne machst, die stark ist, aber sofort wieder vergessen wird. Und durch eine tägliche, wöchentliche und ständige Erinnerung über die sozialen Medien wissen die Leute: „Ah, die Fantas sind ja da. Es gibt ein neues Album zu kaufen.“ Es hat sich in diesem Markt, der zur Hälfte aus Streaming besteht, das Marketing verändert. Da läuft ganz viel über dich selbst. Du bist derjenige, der den Post macht, den die Leute liken und vielleicht auf die Idee kommen, sich ein Ticket zu kaufen. Der Markt hat sich wirklich komplett gewandelt. Als es damals den Download zu kaufen gab, dachten die Leute, es hätte sich sehr viel geändert. Aber es war immer noch so wie davor, als es CDs gab. Jetzt hat es sich wirklich geteilt. Der Peak ist am 27.4., wenn das Album rauskommt und die nächsten zwei Jahre. Weil Streaming nie so viel auf den Punkt generiert. Aber wenn du zwei Jahre lang die Leute daran erinnerst, dass du ein neues Album hast, hast du am Ende dann doch das Geld oder zumindest einen Teil dessen, was du früher durch CD-Verkäufe verdient hast, auch mit dem Streaming eingenommen. Dementsprechend wichtig sind die neuen Medien für Künstler geworden, um Inhalte, um Werbung, um auch seine Meinung zu platzieren.

Der Song „Tunnel“ ist einer der Live-Lieblinge des neuen Albums „Captain Fantastic“.
Foto: Robert Grischek

Ihr seid nun schon lange dabei. Wie klappt es für euch, sich immer wieder ein Stück weit neu zu erfinden?

Der Versuch ist da. Für uns ist immer das Gefühl nach jeder Platte: „Wir haben’s geschafft. Wir haben uns quasi neu erfunden.“ Und dann hast du auf der anderen Seite natürlich die berechtigte Wahrnehmung, dass du etwas hörst und merkst: „Das sind die Fantas.“ Da ist also ein hoher Wiedererkennungswert da, der ja auch ein hoher Wert ist. Weil du damit zeigst, dass du einen eigenständigen Stil hast. Also ist es wohl eine Mischung aus sich einerseits „troy“ bleiben und andererseits nicht in alten Mustern hängenzubleiben oder eine Standardschiene zu fahren, von der man denkt, dass sie ja eigentlich funktioniert. Mut zum Risiko. Und was Neues machen. Da wir aber die Fantas sind, klingt’s am Ende Gott sei Dank auch nach uns.

Aktuell feiert die gute alte Schallplatte ein Comeback. Wie nehmt ihr diese Entwicklung wahr?

Vinyl geht wahnsinnig ab. Also im Vergleich zu 0 % (lacht). Wo zwischenzeitlich quasi nichts mehr verkauft wurde. Da geht einiges. Die Presswerke sind überbucht. Man muss warten, wenn man Vinyl pressen lassen will. Das ist schon ein Markt, der wieder ernst genommen wird. Der natürlich konträr zu dem steht, dass die Leute gar keine digitalen Downloads mehr kaufen. Das ist ein Geschäft, das ausläuft. Die Leute wollen entweder wieder eine CD oder Vinyl in der Hand haben. Sie wollen die Haptik. Sie wollen das Bild vorne drauf, wollen das Cover sehen. Sie wollen die Texte auf dem Innenvlies mitlesen. Oder sie sagen: „Sch… drauf. Ich hab‘ den Streamingdienst und hol mir eh alles, was ich grad hören oder in Playlisten abspielen will.“

Ich persönlich hab die gesamte Plattensammlung meines Bruders. Ich hab‘ sie ihm damals mit 14 oder 15 inklusive Stereoanlage abgekauft. Ich glaub, für 1.000 Mark. Das war ein Freundschaftspreis. Die hab‘ ich heute noch und manchmal zeig‘ ich meinem Sohn, was eine Schallplatte ist. Der ist jetzt zehn und weiß es mittlerweile. Der wollte natürlich als erstes scratchen. Normales Abspielen hat ihn Null interessiert.

Der Umgang mit meinem Plattenspieler ist eher Hin- und Herbewegen als tatsächlich Abspielen. Ich bin ein Mensch, der streamt. Ich hol mir die neuen Songs und hör‘ sie im Auto an. So funktioniert meine Hörweise. Ich bin nicht der, der sich in seinem Herrenzimmer einsperrt und sagt: „So, jetzt hör ich mal die neue Platte.“ Dazu ist mein Leben zu kurz getaktet. Die Zeit hab‘ ich momentan nicht. Also die nehm‘ ich mir nicht. Das kommt vielleicht wieder. Aber momentan sind die Zeiten im Auto, die besten für mich, um Musik zu hören – und irgendwie krieg ich diesen Plattenspieler nicht in die Mittelkonsole.

Gibt es für die kommende Tour ein besonderes Konzept für „Captain Fantastic“?

Oh ja. Ich meine, wir haben diese neue Platte gemacht, um sie live zu präsentieren. Wir haben beim Machen daran gedacht. Die Stücke müssen rocken. Sie müssen nach vorne gehen. Wir wollen weiterhin abgehen auf unseren Konzerten. Es ist einfach das Geilste, mit dem Publikum diese Party zu feiern. Und dementsprechend haben wir jetzt auch schon fünf Stücke mit auf den Sommerfestivals. Das ist außergewöhnlich viel, weil wir haben ja sonst auch noch ein paar Stücke auf den letzten neuen Alben, die gespielt werden müssen.

Da wird sich jetzt zeigen, welche den Test bestehen und weiterhin gespielt werden. Manche sind auch gut danach und man sagt: „Ey, ist ein schönes Stück. Aber live? Ich weiß nicht, da haben wir bessere.“ Dieser Prozess ist sehr spannend für uns.

Natürlich haben wir eine neue Bühnenshow dabei. Das Programm ist neu „umgestrickt“. Natürlich haben wir auch Hits, die wir die letzten 20, 30 Jahre gespielt haben und die wir hoffentlich auch bis zum Ende unserer Karriere spielen.

Welche sind das?

„Troy“, „Tag am Meer“, „MfG“, „Populär“, „Ernten was wir säen“. „Heute“ ist auch ein Stück von einer jüngeren Platte, das ist so eine Live-Granate. Neben den alten Superhits gibt’s immer wieder ein paar Neue, die es schaffen, ins Live-Programm zu kommen. Jetzt hoffen wir mal, das „Tunnel“ oder „Zusammen“ auch Nummern sind, die wir dann in Zukunft noch gerne spielen. Das wird sich zeigen.

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